Die Puch-Mopeds

In der Phase des Wiederaufbaues Österreichs von den Kriegsschäden erkannte man die Notwendigkeit, auch ein „Fahrrad mit Hilfsmotor“, wie damals die gesetzlich korrekte Bezeichnung für Mopeds lautete, ins Produktionsprogramm aufzunehmen. Die Konstruktionsarbeiten für das Puchmoped vom Typ MS 50 wurden im Herbst 1952 in Angriff genommen. Im Sommer 1954 stellte man der Presse bereits das erste Vorserienfahrzeug vor, im Herbst des selben Jahres kam das Fahrzeug auf den Markt.
In Europa war das Moped als eigene Fahrzeugkategorie anerkannt und auch entsprechend vom Käuferpublikum gefragt. Daher produzierten fast alle etablierten Motorradfabriken Mopeds. Selbstverständlich konnte der Zweiradhersteller Puch an diesem Geschäft nicht vorbeigehen. Und man hatte bereits im Reißbrettstadium die Möglichkeit einer Beschickung europäischer Exportmärkte ins Auge gefaßt, obwohl die gesetzlichen Vorschriften darüber, was ein Moped zu sein hatte, ziemlich unterschiedlich waren. Einheitlich war nur die Hubraumobergrenze von 50 cm3. Aber in Deutschland galt ein Gewichtslimit von 33 kg, ohne Geschwindigkeitslimit. In Frankreich, Italien, Holland und Portugal gab es lediglich das 50 cm3 – Hubraumlimit, die Schweden schrieben zusätzlich 0,8 PS Maximalleistung und eine Bauartgeschwindigkeit vom 30 km/h vor, in Österreich galt ebenfalls das Tempolimit, allerdings vom 30 km/h, das 1955 auf 40 km/h angehoben wurde. Eine weitere gesetzliche Bestimmung besagte, daß das Fahrzeug mit Hilfsmotor mit Hilfe der Pedale allein gefahren können werden muß. Dies führte ja zum Bauartmerkmal der Pedale an jedem Moped, die Abkürzung steht ja für „Motorisierte PEDale“. Nun, die Gesetzesanpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten erfolgte schleppend, aber dennoch. So ließ der deutsche Gesetzgeber die Bestimmung der Gewichtsbeschränkung im Jahre 1955 fallen, es gab dafür das Geschwindigkeitslimit von 40 km/h. Als in Deutschland die Möglichkeit geschaffen wurde, an der Stelle der Pedale einen Kickstarter anzubringen, wurde die Bezeichnung „Mokick“ eingeführt.

Alles in Allem erforderte schon die Belieferung dieses Marktes eine erkleckliche Typenvielfalt. Noch wesentlich umfangreicher wurde das Lieferprogramm von Puch in der Hochblüte des Mopedgeschäftes, wenn man bedenkt, daß Puch weltweit „Mopeds“ anbot und in vielen Ländern ja erst die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Mopedmarkt geschaffen werden mußten. Puch war dadurch all die Jahre, in der in Graz-Thonsdorf Mopeds erzeugt wurden, nicht nur in Österreich sondern in vielen Exportmärkten Marktführer, und das über drei Jahrzehnte. Die Qualität und das hohe Image der Puch-Mopeds ist unbestritten. Technisch innovative Features, gepaart mit unverwüstlicher Alltagstauglichkeit, waren die Kennzeichen der Puch-Mopeds. Daß durch die lange Modellkonstanz und den Verzicht auf modischen Schnick-Schnack bei besonders modebewußten Käuferschichten manchmal der Eindruck erweckt wurde, die „Puch-Moperln“ seien altväterlich, liegt im Wesen der Sache. Dennoch, aus historischer Sicht war dies Modellkonstanz und Solidität der einzig richtige Weg zum Erfolg. Als Anfang Februar 1987 die Nachricht vom offiziellen „Aus“ der Zweiradproduktion in Graz über den Fernschreiber ratterte, war ein Stück österreichischen Zeitgeschehens Vergangenheit geworden. Der italienische Piaggio-Konzern kaufte den Motorrad Bereich von Steyr Daimler Puch auf. Seitdem entstehen die österreichischen Mopeds in den Piaggio Werken in der Toskana.